Oktober
Bei San Quirico d'Orcia, Toscana
'gentile' und 'nobile' - liebenswürdig
und edel. Eine nahezu ideal anzuschauende Landschaft in der Mitte Italiens,
mit malerischen Höhenzügen, die von Pinien und Zypressen bestanden
sind, in der Ferne die Türme und Dächer einer mittelalterlichen
Stadt... Wunderbar, durch diese Landschaft zu wandern! Zum Beispiel
durch das klassische Chiantigebiet, südlich von
Florenz, etwa bei dem kleinen Ort San Casciano hinab ins Tal der Pesa,
vorbei an verschlungenen Gärten mit Wein und Olivenbäumen.
Oder vom traditionellen Weinort Greve ins schön gelegene Panzano.
Aber es lohnt sich auch, die weniger bekannten Gebiete kennen zu lernen.
Etwa die Maremma, die 'Toskana des Meeres', eine vom
Fluß Ombrone durchzogene Ebene, deren Hauptort Grosseto ist.
Jahrhunderte lang und noch vor 50 Jahren war es die 'Maremma amara':
die bittere. Im Sommer ein fiebergetränktes Sumpfgebiet, bis seit
Mitte des 19. Jh. allmählich die Sümpfe trockengelegt wurden.
Tagelöhner kamen von jeher aus den armen Dörfern der umliegenden
Berge, um dort die Schafherden der Padroni zu hüten. Im Winter
pflückten sie die reifen Oliven. Heute werden auf dem fruchtbaren
Marschland weiße Rinder und schwarze Stiere gezüchtet und
fast wilde Pferde ziehen durch das Hügelland mit seiner Macchia
aus Ginster und Zistrosen. Die Zeugen der alten etruskischen Kultur
(die Totenstädte von Vetulonia und Populonia) sind überall
greifbar, und die von Pinienwäldern beschatteten Strände der
Tyrrhenischen Küste nah. Liebenswürdig und edel - gewiss,
es gibt diese Toskana. Doch in der rauen Strenge der
Maremma begegnen sich Anmut und Askese. Der aufmerksame Wanderer
wird aus beidem seinen Nutzen ziehen.