Golfgedichte
|
|
|
Was mir in
Erinnerung bleibt
|
Was mir in Erinnerung bleibt von
tausend Löchern oder mehr sind
nicht die vergeblichen Drives
doch ein paar gute Schläge
aus schlechten Lagen
eine unerwartet schöne Landschaft
wenn ich einmal aufschaute ohne
eigentliches Ziel
ein paar Runden, wenige
an stilleren Tagen: ein Eisen 7 nur
und ohne rechte Regel
ein Schlag unter einem Apfelbaum
nachdem ich eine reife Frucht
entfernt habe, die dem Flug des Balls
hätte abträglich sein können.
Löcher
- verkürzt für die 18 Golfbahnen eines Platzes
Drive - die Königsdisziplin: der Driver ist der längste Schläger
mit dem größten Kopf (bis zu 500 cm³ ); mit ihm werden
Abschläge zelebriert; bei Turnieren gibt es einen Sonderpreis für
den Longest Drive. Gute Weiten mit dem Driver liegen zwischen 200 und
250m
ohne rechte Regel - dem Golfsport wird das unfangreichste Regelwerk aller
Sportarten nachgesagt. Der ambitionierte Golfer hat auch im Privatspiel
die neueste Ausgabe dieses Regelwerks bei sich.
reife Frucht - als erste und wichtigste Regel beim Golf gilt, dass der
Ball zu spielen ist wie er liegt; streng genommen handelt es sich also
um ein widerrechtliches Entfernen eines beweglichen Hemmnisses; ein strafschlagwürdiges
Vorgehen.
|
|
|
An diesem
Tag spielte ich mit den drei Schicksalsgöttinnen:
Sandy, der die Bunkerwüsten gehorchen
Waterville, die über die tückischen Wasser regiert
und Greenwitch, die grausame Herrin
des alles verschlingenden Roughs -
Doch ich
versuchte mein Bestes und mir gelangen
wunderbare Schläge ohne Ende.
Aber die Nornen lenkten, Zaubersprüche ausstoßend
meine Bälle ins Verderben.
Schicksal, nicht Unvermögen war es.
Und ich ergab mich voller Demut darein.
Nornen
- kein Begriff aus dem Golflexikon, sondern die 3 Schicksalsgöttinnen
der nordischen Mythologie; die Begegnung mit ihnen verheißt meist
nichts Gutes.
Schicksal - die Pros raten dazu, bei misslungenen Schlägen immer
etwas anderem (jedenfalls nicht sich selbst) die Schuld zu geben. Zum
Schicksalsbegriff beim Golfspiel vgl. auch Sartre, Das Sein und das Nichts.
|
|
Das
Schlimmste
|
Das
Schlimmste waren vier provisorische Bälle
und noch nicht auf dem Fairway zu liegen
nein, ein Fünf-Putt an der Neun
nachdem die ersten acht Löcher
nur sieben Putts gebraucht hatten.
Eigentlich
war das Schlimmste
ein Abschlag mit dem High Tec-Driver
als der Ball hoch stieg und hinter mir landete.
Schlimm war auch das Inselgrün
als ich mir von dem jungen Ding zwei Bälle
leihen musste, weil ich meine versenkt hatte
wie ein John Daly.
Wirklich
schlimm war, nicht Fore!' gerufen zu haben
in der Hoffnung, der Ball würde die alte Dame
auf der entgegenkommenden Bahn
nicht mehr erreichen.
Ein
Scheißspiel.
Längst
hätte ich damit aufgehört, wäre da nicht
das Allerschlimmste: du
wie du dich auf einen Putt vorbereitest,
tief vorgebeugt, den Po erschreckend weit ausgestellt
zuletzt mit allem wackelnd, um sämtliche Glieder zu lockern.
Das ist wirklich das Allerschlimmste.
__________________________________________________________________
Provisorischer Ball - wenn ein Ball nach einem Schlag im Rough verloren
sein könnte, spielt man zur Vorsicht einen provisorischen Ball, den
man weiterspielen darf, sofern man den ersten Ball nicht findet (für
manche Spieler eine Standardsituation); dafür nimmt man gerne einen
Strafschlag in Kauf.
Putts - Spieler wie ich und du brauchen im Durchschnitt 2 Putts pro Loch,
also 36 für eine Runde. Die Weltklasse bewegt sich bei 28. Putten
ist eine Sache der Erfahrung und der Nerven. (Wie alles andere beim Golfen
auch...)
High Tec-Driver - wie der Name schon sagt, spielt sich so ein Driver wie
von allein.
Inselgrün - wie der Name ahnen lässt, ein sehr sehr kleines
Grün, das von sehr sehr viel Wasser umgeben ist.
John Daly - amerikanischer Golfprofessional, eine charismatische Erscheinung,
obwohl von Figur und Physiognomie her an einen Stammtisch-Herrengolfer
erinnernd. Wurde zum Publikumsliebling, weil er in bestimmten Spielsituationen
nicht taktisch spielt, sondern wie ein trotziges Kind. Bei besagtem Inselgrün,
versenkte er etliche Bälle (und jede Siegchance sowie mehrere Hunderttausend
Dollar), bevor er das Grün so traf, wie er es im Sinn hatte. Ein
Sportsman.
Fore! - Warnruf, wenn ein Ball außer Kontrolle gerät., d.h.
nach links oder - viel häufiger - nach rechts abdreht. Der Luftraum
eines jeden Golfplatzes wird von solchen Rufen beherrscht. Die Ränder
der Fairways sind von ausgeblichenen Knochen gesäumt und aasfressende
Krähen zählen zu den häufigsten Vögeln auf jedem Platz.
|
|
Golf
|
Lass es sein!' rät
meine dänische Proette
die aussieht wie Vivi Bach zu Zeiten von
Wünsch
dir was':
Warum willst du deinen Schwung ändern
wenn du dich selbst ändern kannst?'
Aber
das, finde ich, ist ein dialektisches Problem.
Proette
- ein weiblicher Golfprofessional;
den Schwung ändern - gilt als nicht leicht; die weitaus meisten Golfer
schaffen es nicht einmal, einen zu haben.
|
|
Kraul'
mir den Nacken
|
Kraul' mir
den Nacken, starr geworden,
als der Ball von einem launischen West
ins tückische Rough getragen wurde
statt ins Ziel, an Loch 7, Geliebte, dem prüfenden.
Und wenn ich in Wasser und Dampf,
gebettet auf deinen weichen Leib,
mich ausliefere heilkundigen Händen,
dann lass mir deine Füße,
wund gelaufen und beschwert mit Horn
durch so viele gemeinsame Runden.
Lass mich sanft abtragen Schicht um Schicht,
bis mir dein Kraulen zeigt, dass alles Gefühllose
abgeschabt und die Starre des Nackens
verschoben.
Kraul' mir
- für mich wie für Patrizia ein
erotisches Gedicht.
Rough - hohes Gras, Büsche und Bäume begleiten fast alle Spielbahnen
(= Fairways) eines Golfplatzes; wer mit seinem Ball im Rough landet, läuft
in Gefahr, ihn zu verlieren; zumindest ist es viel schwieriger, ihn dort
zu schlagen.
wund gelaufen - eine durchschnittliche Golfrunde erstreckt sich über
4 Stunden und etwa 10 km.
|
|
Das sind die
wieder gefundenen Tage
|
Das sind
die wieder gefundenen Tage,
an denen man seinem alten Schwung begegnet
und ein Lächeln seiner Liebsten erfährt,
unverfälscht wie ein Sonnenaufgang,
der die welligen Grüns auflöst
in all ihre Möglichkeiten
Das sind
die wieder gefundenen Tage,
an denen man dem Laufrad entgeht
und ohne Hast das Eisen schwingt
oder das Länge erschaffende Holz, nichts im Sinn,
als nur noch sich selbst zu bezwingen
und nicht das Spiel
An denen
Bälle leicht wie Vogelflug steigen,
nah am Wind und fugenlos den Gewalten:
Wasser mag kräuseln in konzentrischen Kreisen,
Sandwolken stäuben wie im Mistral,
doch nichts, nichts kann etwas mindern,
von dem, Liebste, was wir tun.
Das sind die wieder gefundenen Tage.
alter Schwung - ständig verliert man seinen guten'
alten Schwung, manchmal ist er (plötzlich und unerwartet')
wieder da; in beiden Fällen weiß man in der Regel nicht warum;
Grün - Ziel einer jeden Bahn. Das Gras ist dort teppichartig kurz.
Das Grün hat eine durchschnittliche Ausdehnung von 400 bis 600
m², wobei Länge und Breite sehr variieren können. Oft
ist es gewellt, ansteigend oder abfallend und überdies durch Bunker-
und Wasserhindernisse vor angriffslustigen Bällen geschützt.
Holz - Hölzer sind länger als Eisen und sollen dadurch für
weitere Schläge sorgen; ihr Schlägerkopf ist allerdings nicht
mehr aus Holz, sondern aus Stahl, Titan und leichten High Tec-Materialien;
sich selbst zu bezwingen - beim Golf spielt man in der Regel nicht gegen
einen Gegner, sondern mit den eigenen stets unzureichenden Fähigkeiten;
es soll vorkommen, dass Golf dadurch den Charakter formt.
Wasser mag kräuseln / Sandwolken stäuben - Wasserhindernisse
(Teiche, Seen, Bachläufe) und Sandhindernisse (Bunker) werden auf
jeder durchschnittlichen Golfrunde mit Bällen gespickt
|
|
|
|
|